Kühltransport
Am 19. Juni 2000 entdeckten englische Zollbeamte in einem Frachtcontainer die Leichen von 58 Chinesen.
54 tote Männer und 4 tote Frauen zwischen 19 und 30 Jahren. Sie stammten aus der ostchinesischen Provinz Fujian. Auf dem Weg in eine „bessere Welt“ von Ost nach West sind sie erstickt. Zwei von ihnen haben die Reise überlebt.
Das Landgericht in Dover rekonstruierte die Route der Toten anhand der bei ihnen gefundenen Währungen: Dollar, Peseten, D−Mark, Rubel.
Sie führte durch die Beneluxstaaten und Deutschland, durch Tschechien und die Ukraine, durch Russland und China. Begonnen hat sie in Fujian, einer Küstenregion Chinas mit langer Tradition im Seefahrertum, Schmuggel und Auswanderung in alle Welt. Viele Menschen entflohen ihren ärmlichen heimatlichen Verhältnissen und suchten ein neues Leben auf dem fernen Kontinent zu finden. Und viele von ihnen haben es geschafft, in der Fremde wohlhabend zu werden, davon zeugen inzwischen die mit diesem Geld gebauten neuen Häuser in der Heimat. Die Chinesen kamen über die tschechische Grenze und wahrscheinlich am 31. Mai 2000 auch am Güterbahnhof Dresden−Friedrichstadt an, im Zug Nr. 43554. Die Dresdner Zöllner entdeckten eine manipulierte Plombe und verständigten den Bundesgrenzschutz. In zwei Hohlräumen von 1,80 auf 2 und 1,80 auf 4 Metern entdeckten sie die eingepferchten, lautlosen Menschen.
Sie trugen alles, was sie besaßen, am Körper, mehrere Kleider übereinander, und man fand bei ihnen weder Ausweise noch Geld. Diese Menschen waren jung und kräftig. Nach der erkennungsdienstlichen Behandlung wurden sie nach Tschechien abgeschoben. Dort verlor sich ihre Spur, bis man ihre Leichen in Dover entdeckte.
KÜHLTRANSPORT erzählt von den möglichen letzten Stunden einiger dieser Menschen, von ihrem Aufbruch und Abschied in eine vermeintlich bessere Welt, ihrer Sehnsucht nach den Dingen, die für uns selbstverständlich und alltäglich sind.